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lichtverschmutzung

Ein Interview mit DI Clemens Schnaitl.


DI Clemens Schnaitl, Geschäftsführer des Naturparks Attersee-Traunsee:

"Der Naturpark Attersee-Traunsee ist eine einmalige Chance für die fünf Naturparkgemeinden, gemeinsam an der Weiterentwicklung dieser besonderen Natur- und Kulturlandschaft zwischen Attersee und Traunsee mitzuwirken und die Lebensqualität in dieser Region auch für zukünftige Generationen zu sichern."


Fotoquelle: Daniela Stockinger


Was ist Lichtverschmutzung?

(Kurzversion: Die Aufhellung des Nachthimmels durch menschgemachtes künstliches Licht)


Nach Sonnenuntergang schalten wir Lichter an.... immer mehr und immer länger (Straßenbeleuchtung, Werbeleuchtung, Beleuchtung von Firmen- und Privatgebäuden). Dadurch werden unsere Nächte heller und heller. In Europa um etwa 6 % pro Jahr. Das nennt man Lichtverschmutzung, denn die Sicht auf den natürlich dunklen Sternenhimmel wird durch die menschgemachten Lichtglocken, die sich vor allem über den Hauptsiedlungsgebieten bilden immer diffuser. So kann der natürliche Schein der 1000-und-mehr-Sterne aus der Ferne des Universums nicht mehr bis zu uns durchdringen.


Unmengen an Licht strahlen völlig nutzlos in Richtung Himmel ab. Durch Streueffekte in der Atmosphäre bilden sich daraus immense Lichtglocken über besiedelten Gebieten. Dort ist es teilweise über 4000 % heller im Vergleich zum natürlich dunklen Nachthimmel. Hunderte Kilometer weit leuchten diese Lichtglocken und erhellen selbst dort die Nacht, wo es eigentlich dunkel wäre.


Dieser „Beleuchtungswahnsinn“ verbraucht nicht nur Unmengen an Energie und lässt den Sternenhimmel verschwinden, sondern hat noch weit garvierendere Folgen:

  • Allein an Österreichs Straßenlaternen sterben während des Sommers viele Milliarden Insekten (in Deutschland mehr als 100 Milliarden) an Erschöpfungstod durch Dauerumkreisung des Lichts, durch Verbrennung oder durch angelockte Fressfeinde (z. B. Spinnen).

  • Millionen Zugvögel zerschellen weltweit auf ihren nächtlichen Routen aufgrund von Desorientierung an Hausfassaden (2/3 aller Zugvögel ziehen nachts).


Welche Auswirkungen hat Lichtverschmutzung auf Umwelt, Tiere und Menschen?


Den rhythmischen Wechsel zwischen hell (Tag) und dunkel (Nacht) gibt uns das Sonnenlicht in Kombination mit der Erdrotation vor. Keine Größe in der Natur ändert sich in derart großem Umfang, wie dieser Hell-/Dunkelrhythmus. Gegenüber einem klaren, sonnigen Sommertag (Beleuchtungsstärke: etwa 130.000 Lux) können Nächte ohne Mond und ohne Lichtverschmutzung (etwa 0,0001 Lux) bis zu 1,3 Milliarden mal dunkler sein.


Licht ist damit der stärkste Zeitgeber, nach dem sich nahezu alle Organismen dieses Planeten richten (direkt oder auf indirektem Weg) bzw. sind sie sogar zwingend auf ihn angewiesen. Seit rund drei Milliarden Jahren ist dieser Hell-/Dunkelrhythmus in den Genen fast aller Organismen fest verankert. Er steuert so gut wie alle lebenswichtigen Prozesse. Vor allem Wach- und Schlafphasen sowie Zell-Reparatur und -Regeneration.


Da unsere Nächte durch den Einsatz von immer mehr Kunstlicht immer heller werden, verwässert dieser Hell-/Dunkelrhythmus zusehends. Die unentbehrliche Dunkelheit der Nacht schwindet. In den großen Metropolen dieser Welt findet sie eigentlich schon gar nicht mehr statt. Die Folge: Das Leben der Tiere und Pflanzen gerät außer Takt. Es kann zu regelrechten „Burn-Out“-Erscheinungen kommen. Letztlich sogar zu Artensterben. Ganze Ökosysteme geraten dadurch ins Wanken. Und weil dieses alle miteinander vernetzt und verwoben sind, sind die Folgen der Lichtverschmutzung sehr umfänglich und weitreichend. Auch für uns Menschen!


Tagaktive Lebewesen/Menschen

Sie werden in ihrer Nachtruhe gestört. Das führt zu Schlafstörungen und Schlafmangel. Dauerhafter Schlafmangel führt wiederum zu Erschöpfungszuständen und sogar zu Krankheiten.


Nachaktive Lebewesen

Mehr als 60% aller Lebewesen sind nachtaktiv. Sie werden in ihren nächtlichen Aktivitäten gestört (Bestäubung, Fortpflanzung, Futtersuche). Sie werden durch das viele Licht geblendet, verdrängt, abgelenkt, irritiert. Es kommt zu Verhaltensänderungen, Verschiebungen von Räuber-Beutebeziehungen und Dezimierungen von Lebensräumen und/oder Beständen. Für unzählige Insekten wird Licht sogar zur tödlichen Falle.


Pflanzen

Bei sehr vielen Pflanzen kommt es zur Störung des Produktions-Rhythmus von Duft und Nektar. Oder es verschiebt sich der jahreszeitliche Vegetationsrhythmus. Bäume beispielsweise blühen früher und werfen im Herbst ihr Laub zu spät ab – vor allem diejenigen, die direkt an oder unter hellen Lichtquellen (Straßenlaternen) stehen. Das viele Licht suggeriert ihnen, es sei immer noch Sommer. Frostschäden sind die Folge.


Wie kann man gegen Lichtverschmutzung vorgehen?


Mit einfachen Mitteln kann jeder seinen Beitrag zur Reduzierung der Lichtverschmutzung leisten. Je mehr der nachfolgenden Empfehlungen pro Lichtquelle berücksichtigt werden, desto besser. Die Punkte gelten gleichermaßen für die Beleuchtung an Häusern und Gebäuden, aber auch von Fassaden, Straßen, Parkplätzen und Schaufenstern sowie Leuchtreklame. Optimales Außenlicht zur Reduzierung von Lichtverschmutzung:


Intensität

Möglichst geringe Lumen-Werte (lm) nutzen. Größere Bodenflächen besser mit mehreren schwachen Lichtquellen ausleuchten, anstatt mit nur einer einzigen sehr, sehr hellen.


Richtung

Nur nach unten. Streulicht zur Seite und vor allem nach oben vermeiden. Hier helfen geschirmte Gehäuse oder LED-Reflektorlampen.


Farbe

Je gelber, desto besser! Farbtemperaturen von 2700 Kelvin möglichst nicht überschreiten.


Montagehöhe

Je niedriger, desto besser! Dadurch entsteht weniger Blendung und die Streuverluste in die Umgebung werden reduziert.


Dauer

Beleuchtung nur während und nur so lange man sie benötigt. Hier helfen Bewegungsmelder. Dauerlicht vermeiden und spätestens um 22 Uhr (Sommer wie Winter) abschalten (Zeitschalter).


Notwendigkeit

Licht nur zur Wegesicherheit und Orientierung nutzen. Außenlicht zu dekorativen Zwecken sollte generell vermieden werden – speziell in Gärten, auf Pflanzen, Naturflächen und Teiche.


Alles das schützt tag- und nachtaktive Lebewesen, hält Insekten vom Haus fern (und bewahrt somit die Bestände), lässt den Sternenhimmel wieder erstrahlen und spart auch noch jede Menge Energie!


Das „beste“ Außenlicht gibt es (noch) nicht, jedoch mit der Berücksichtigung der o. a. Punkte wird viel verbessert und zur Verringerung der Lichtverschmutzung beigetragen.


„Das umweltverträglichste Licht ist das, das gar nicht erst an ist.“

– Paten der Nacht


Was Du noch tun kannst?


Werde „Pate der Nacht“ und unterstütze den Erhalt eines natürlichen Nachthimmels als „Unterstützer“, als „Vorreiter“, als „Umrüster“ oder auch als „Sponsor“.


Wertvolle Links:


Zunahme der Lichtverschmutzung:


Nachtnaturschauspiele im Sternenpark Attersee-Traunsee:


DANKE!

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