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bienensterben

Ein Interview mit Mag. Dr. Karl Schirl.


Mag. Dr. Karl Schirl, geb. 1948, absolvierte das Studium der Biologie und Zoologie an der Universität Wien.


Und verfolgte später Lehrtätigkeiten am ARG/RG Lambach, BG/BRG Gmunden, an der Pädagogischen Hochschule Linz, sowie Tätigkeiten in der Lehrerfortbildung am Pädagogischen Institut Linz.


Zusätzlich hält er Vorträge im Bereich Natur- und Umweltschutz.




Bienensterben ist ein Begriff, der seit einigen Jahren immer wieder auftritt. Was genau steckt dahinter?


Es sind mehrere Faktoren, die für das Bienensterben verantwortlich sind. Dazu gehört sicherlich die moderne Landwirtschaft mit ihren Monokulturen und dem Einsatz von Pestiziden. Monokulturen nehmen den Bienen die Vielfalt des Nahrungsangebotes. Bienen benötigen – genauso wie wir – eine vielseitige Ernährung. Das macht sie widerstandfähiger. Nutzpflanzen, wie z.B. der Raps, bieten kurzeitig ein reiches Angebot, den Rest des Jahres aber „verhungern“ die Bienen. Auch Wiesen sind heute vielfach Monokulturen, sogenannte mehrschnittige Wiesen. Früher wurden Wiesen meist zweimal pro Saison gemäht. So konnten die Blumen blühen und Samen bilden.

Heute werden Wiesen vier- bis fünfmal gemäht. Kaum ist das Gras 15 – 20 cm hoch, wird es gemäht und in Siloballen verpackt. Keine Blume kommt mehr zum Blühen und keine Biene kann so Pollen oder Nektar sammeln.


Pestizide beeinflussen das Nervensystem der Bienen und stören so ihre natürliche Orientierungsfähigkeit. Pestizide wirken sich aber auch auf die Qualität des Honigs aus.

Neben der intensiven Landwirtschaft ist auch der Klimawandel für das Bienensterben mitverantwortlich. Vorgezogene Blühphasen und lange Wärmeperioden im Winter veranlassen die Bienen zu einem vorzeitigen Reinigungsflug.


Starke plötzliche Temperaturveränderungen, wie wir sie gerade in diesem Frühjahr erlebt haben, zehren an den Energievorräten und machen sie anfälliger für die Varroamilbe.


Und damit sind wir bei einem Hauptgrund für das Bienenstreben – der Varroamilbe. Diese 1 – 2 mm große Milbe saugt den erwachsenen Arbeiterinnen Körperflüssigkeit ab und legt ihre Eier in die Brut der Bienen. Die große Anfälligkeit unserer Honigbienen für die Varroamilbe ist auch zum Teil auf eine Überzüchtung der Honigbiene zurückzuführen. Es wurde auf eine große Honigleistung gezüchtet und dabei zu wenig auf die Widerstandkraft geachtet.


Betrifft das Bienensterben auch Österreich? Wenn ja, welche Auswirkungen kann man feststellen?


Natürlich betrifft das Bienensterben auch uns in Österreich. Dies hat sowohl ökologische als auch ökonomische Folgen.

Ökologisch tragen Bienen, Hummeln, verschiedene Fliegenarten und solitäre Wildbienen durch die Durchführung der Bestäubung zu Erhaltung der Artenvielfalt unserer Flora bei. Ökonomisch gesehen ist vor allem die Bestäubung der Nutzpflanzen von großer Bedeutung. Ohne deren Bestäubung müsste die Menschheit auf etwa ein Drittel der Nutzpflanzen verzichten, vor allem bei Obst und Gemüse wären die Rückgänge sehr stark.


Nach Einschätzung eines UNO-Gremiums hängen von der Bestäubung zwischen fünf und acht Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion ab. Bei Stein- und Kernobst steigert die Insektenbestäubung den Fruchtertrag um etwa 40 Prozent.


Viele der in den Samenmischungen enthaltenen Pflanzen stammen aus anderen Erdteilen. welche sorten sollten bevorzugt werden?


Das stimmt. Viele der angepriesenen Samenmischungen für „Bienen- und Schmetterlingswiesen“ enthalten nur zu einem geringen Teil Samen einheimischer Blütenpflanzen. Ich habe aus Interesse einige dieser Samenmischungen recherchiert. Neben einigen wenigen heimischen Wiesenpflanzen wie Schafgarbe oder Natternkopf finden sich vor allem Pflanzen, die eigentlich in den Kräutergarten als Küchen- und Gewürzkräuter gehören: Basilikum (stammt aus Indien), Ringelblumen (Zier- und Heilpflanze aus dem mediterranen Raum), Koriander (aus West-Asien), Tagetes (aus Mexiko), Balsamkraut (aus Süd-Westasien), Boretsch (Nord-Afrika), Lavendel (West-Mittelmeerraum), Ziertabak (Südamerika). Auch die Kornblume oder der Klatschmohn sind keine Wiesenblumen, sondern Acker-Wildkräuter.


Für eine naturnahe „Blumenwiese“, die auch von den einheimischen Insekten besucht wird, gehören Saatgutmischungen, die z.B. die Wiesen-Flockenblume, den Wund-Klee, die Wilde Möhre, den Natternkopf, Horn-Klee, Wiesen-Salbei oder die Tauben-Skabiose enthalten.

Ich muss mir die Frage stellen: „Möchte ich eine Blumenwiese oder Gewürz- und Heilkräuter für den Garten.“ Natürlich sind diese Pflanzen auch für die Bienen gut – aber es ist dies keine Wiese, sondern ein Kräutergarten.


Wie kann man als Privatperson dem Bienensterben entgegenwirken?


Statt eines Rasens eine Blumenwiese anlegen – zumindest in einem Teil des Gartens, einen Obstbaum pflanzen, anstatt eines (fremdländischen)n Nadelbaumes. Im Gemüsegarten blühende Kräuter anpflanzen, nicht nur Salat, Kohlrabi, usw.


Verzichte in deinem Garten auf Pestizide, Herbizide und Insektizide.

Kaufe Honig von regionalen Imkern. Fast 80 % des verkauften Honigs stammt aus Importen von nicht EU-Ländern, wo gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden und deren Pollen in den Honig gelangt.


Mit Honigimporten können auch Bienenkrankheiten wie die amerikanische Faulbrut eingeschleppt werden. Honigreste in nicht gut ausgewaschenen Gläsern, die im Glascontainer landen, werden vor allem in Herbst von Bienen aufgesucht. Dabei schleppen sie die Endosporen dieser Krankheit in den eigenen Bienenstock ein.


Neben dem Schutz der Honigbiene ist auch der Schutz der Wildbienen von großer Bedeutung. Doch das ist ein weiteres, wichtiges Thema für Natur- und Umweltinteressierte.


DANKE!

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